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Wenn es um Maßnahmen gegen den Klimawandel geht, stehen häufig technische Lösungen im Vordergrund: Maschinen, die CO₂ aus der Luft filtern, spezielle Baustoffe oder Speicheranlagen. Dabei gerät leicht aus dem Blick, dass die Natur selbst eine starke Verbündete im Kampf gegen den Klimawandel sein kann. Wälder, Moore und Ozeane nehmen seit Millionen von Jahren Kohlenstoffdioxid auf – und könnten auch jetzt eine zentrale Rolle im Kampf gegen die Erderwärmung spielen. Sönke Zaehle vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie spricht mit Wissenschaftsjournalistin Alice Lanzke darüber, warum diese Senken so wichtig sind, wie sie sich verändern und was für ihren Schutz nötig ist.

Audiodatei | 20 min, Juni 2025

© MPG / CC BY-NC-ND 4.0

Inhalt: Forschende sind auf der Suche nach individuellen Therapien und neuen Medikamenten bei Depressionen.

Einem Forschungsteam am Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften ist es erstmals gelungen, den gesamten Prozess des Eisprungs in Follikeln einer Maus zu filmen. Was bedeutet das für die Fruchtbarkeitsforschung?

Themen im Podcast
Grundlagen Menstruationszyklus (min 0:56)
Was passiert beim Eisprung? (min 2:28)
Wie entstand der Film zum Eisprung in Folliken der Maus? (min 2:58)
Neue Erkenntnisse zum Eisprung (min 6:37)
Übertragung auf den Menschen (min 8:37)
Bedeutung der Erkenntnisse, weiterführende Forschungsfragen (min 10:00)

Zum Podcast (13 min) vom 8. Mai 2025 © detektor.fm / Max-Planck-Gesellschaft

Hintergrundinfos und Video (Eisprung)


Foto: © Christopher Thomas, Tabea Lilian Marx et al./ MPI für Multidisziplinäre Naturwissenschaften

Illustration: Jugendlicher, der den Kopf in eine Hand stützt und in ein Heft schreibt. Auf dem Tisch liegen zerknüllte Seiten.

„Ich bin total im Stress!“ – wer hat das nicht schon oft gehört. Ob in Schule, Studium oder Beruf: Lernstress vor Prüfungen, Termindruck im Job und manchmal sogar Freizeitstress, wenn man sich unter der Woche zu viel vorgenommen hat. Stress hat in unserer Gesellschaft ein ausgesprochen schlechtes Image. Zu Recht? „Ohne Stress wäre unser Leben ziemlich langweilig“, sagt der Biologe Mathias V. Schmidt vom Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München. „Wir könnten unseren Alltag gar nicht bewältigen, wenn es keinen Stress gäbe und wir kein funktionierendes Stresssystem hätten.“

Stress ist also per se nichts Negatives. Das Stresshormon Cortisol etwa hilft uns dabei, morgens überhaupt aufstehen zu können – zu diesem Zeitpunkt ist die Cortisol-Konzentration im Blut erhöht. Sie sorgt dafür, dass wir mit Energie in den Tag starten. Abends sinkt sie wieder, damit wir zur Ruhe kommen. „Im Grunde helfen uns Stressreaktionen dabei, die ganz normalen Herausforderungen des Alltags zu bewältigen. Stress gehört zum Leben dazu“, sagt Mathias V. Schmidt. Problematisch wird es, wenn wir zu viel Stress haben – und zwar in Bezug auf Intensität und Dauer (Abb. A). Hält Stress zu lange an, kann unser Stoffwechsel nicht mehr in den Normalzustand  zurückkehren. Ein solcher Dauerstress kann krank machen und  psychische Erkrankungen wie zum Beispiel Depressionen auslösen. Auch besonders intensiver Stress, etwa durch traumatische Erlebnisse, kann zu solchen Erkrankungen führen. Mathias V. Schmidt untersucht unter anderem an Mäusen, wie verschiedene Arten von Stress auf Säugetiere wirken. Mäuse sind dafür gut geeignet, weil ihr Stresshormon-System und die Rezeptoren – die Andockstellen für Stresshormone in ihrem Gehirn – denen des Menschen sehr ähnlich sind. In seiner Forschung hat der Biologe unter anderem herausgefunden, dass sozialer Stress bei Mäusen einer der stärksten Stressoren überhaupt ist.

Das Balkendiagramm stellt Nennungen von Stressursachen in Prozent dar (Unterteilung: Männer, Frauen, gesamt). Häufig wurden das Pensum an Anforderungen von Schule, Studium und Beruf sowie hohe Ansprüche an sich selbst genannt.

Abb. A: Ursachen von Stress. Auszug einer Befragung von volljährigen Personen in Deutschland im Frühjahr 2021: Große Stressfaktoren sind – wie schon vor der Corona-Pandemie – das Pensum an Anforderungen von Schule, Studium und Beruf sowie hohe Ansprüche an sich selbst. Stark an Bedeutung gewonnen hat durch die Pandemie die Sorge um erkrankte Nahestehende. Weitere Ursachen siehe Quelle.
© Quelle Zahlen: Techniker Krankenkasse (TK-Stressstudie, 2021); Grafik: HNBM

Stress außer Kontrolle

Sozialer Stress macht Mäuse vor allem dann krank, wenn er sich nicht kontrollieren lässt und unerwartet auftritt. Experimente lassen sich zum Beispiel so konstruieren, dass eine Maus bei Auseinandersetzungen immer verliert. Experten sprechen von „social defeat“ – „sozialer Niederlage“. Eine solche Maus entwickelt zwar keine Depression, zeigt aber krankhafte Veränderungen. So kann sie zum Beispiel apathisch oder fettleibig werden. Diese Ergebnisse seien auf den Menschen übertragbar, betont Schmidt: „Auch beim Menschen wirkt vor allem jener Stress besonders stark, der unkontrollierbar und unberechenbar ist, zum Beispiel bei Mobbing, das Menschen auf Dauer krank machen kann.“ Ein anderes Beispiel sei die Corona-Pandemie gewesen. Zu Beginn der Pandemie im Frühjahr 2020 war noch unklar, wie gefährlich der Erreger ist und wie man sich wirkungsvoll dagegen schützen kann. Die Menschen fühlten sich ständig einer unberechenbaren Gefahr ausgesetzt. „Durch diesen chronischen Stress hat die Zahl depressiver Symptome damals messbar zugenommen“, erklärt der Max-Planck-Forscher (Abb. B). Als dann die ersten Impfstoffe auf den Markt kamen und klar wurde, wie man sich schützen kann, nahm der Stress wieder ab. „Kontrollierbaren Stress können wir Menschen deutlich besser bewältigen.“ Prüfungsstress kann man beispielsweise minimieren, indem man frühzeitig beginnt, den Lernstoff in kleine Einheiten aufteilt und einen Zeitplan erstellt. Durch Simulieren der Prüfungssituation gewinnt man an Sicherheit. Zu bedenken ist aber auch, dass jeder Mensch anders auf Stressoren reagiert“, so der Wissenschaftler.

Zwei Grafiken, die zeigen, dass die globale Prävalenz von schweren depressiven Störungen bei Männern und Frauen während der Covid-19-Pandemie zugenommen hat.

Abb. B: Mögliche Folgen von unkontrollierbarem Stress. Globale Prävalenz von schweren depressiven Störungen vor und während der COVID-19-Pandemie nach Alter und Geschlecht.
© Quelle: Lancet 2021; 398: 1700–12, Fig. 1 (Auszug); https://doi.org/ 10.1016/S0140-6736(21)02143-7 / CC BY 4.0

Anhaltender, unkontrollierbarer Stress und traumatische „Stresserlebnisse“ können also zu einer Depression führen. Welche  Mechanismen dahinterstecken und welche Veränderungen im Stoffwechsel Depressionen auslösen, hat man bisher aber nur zum Teil verstanden. Vor 50 Jahren gingen Fachleute noch davon aus, dass Depressionen einzelne, klare Auslöser hätten. Gemäß dieser Vorstellung habe die Erkrankung ihre Ursache in veränderten biochemischen „Pfaden“ (engl. pathways), also einzelnen, klar umrissenen Stoffwechselwegen. Inzwischen ist die Forschung deutlich weiter: Tatsächlich können Depressionen viele verschiedene biologische Auslöser haben. Etwa ein Drittel des Risikos, an einer Depression zu erkranken, ist auch genetisch bedingt – Genomanalysen von Menschen mit Depressionen haben gezeigt, dass viele Gene an der Entstehung einer Depression beteiligt sind. Dieses genetische Risiko spielt mit den Risiken durch Stress zusammen, und könnte zum Teil erklären, warum Menschen resilient oder weniger resilient gegenüber Stresserfahrungen sind.

Alles eine Frage der Gene?

Ein Forschungsteam am Max-Planck-Institut für Psychiatrie ist genau dieser Frage nachgegangen, welche genetischen Varianten an der Reaktion auf Stress und dem Risiko, eine psychiatrische Störung zu entwickeln, beteiligt sein könnten. Dazu nutzten sie eine Substanz namens Dexamethason, die ähnlich wirkt wie das Stresshormon Cortisol und ebenso wie dieses eine molekulare und zelluläre Antwort, beginnend auf der Ebene der DNA, auslöst. Das Team untersuchte Zellen, die besonders empfindlich auf Stress reagieren. Dabei fanden sie über 500 Stellen im Erbgut (sog. Loci), die Reaktionen auf Stress zeigten, sowie 79 genetische Varianten, die die Expression von Genen und somit die molekulare Antwort auf Stress nur bei Behandlung mit Dexamethason beeinflussten. Diese Varianten stehen, wie große internationale Studien gezeigt haben, auch im Zusammenhang mit dem Risiko, eine psychiatrische Störung zu entwickeln.

Um herauszufinden, wie die Kombination der Varianten dieses Risiko beeinflusst, unterzog das Forschungsteam die Teilnehmenden der Studie einer Stressaufgabe. Dabei zeigte sich, dass eine höhere Anzahl dieser „stressreaktiven“ Genvarianten mit einem Anstieg des Cortisolspiegels bei den entsprechenden Probanden verbunden war. Dieser Unterschied wurde vor der Stressaufgabe nicht beobachtet, was heißt, dass diese Varianten nur in Stresssituationen von Bedeutung waren. Personen mit vielen dieser Genvarianten konnten ihr Stresshormon-System nach der Aufgabe nicht wieder schnell normalisieren und waren dadurch „unnötig“ lange gestresst. So zeigte ein weiterer Test, dass Personen mit mehr Risikovarianten bei Erschrecken intensiver reagierten und sich die Stärke der Schreckreaktion auch nach Wiederholen des Schreckreizes noch erhöhte. „Dabei hätte man eigentlich ein verringerte Reaktionen durch Gewöhnung erwartet“, erklärt Elisabeth Binder, Direktorin am Max-Planck-Institut für Psychiatrie.

„Die Genetik hat also einen Einfluss auf die Empfindlichkeit unserer Reaktion auf Stress. Der molekulare Mechanismus könnte erklären, warum belastende Lebensereignisse mal mehr oder weniger mit psychiatrischen Störungen korrelieren“, fasst Binder die Ergebnisse zusammen. Diese Erkenntnisse seien wichtig für die Vorhersage, welche Menschen ein höheres Risiko haben, als Reaktion auf Stress psychiatrische Störungen zu entwickeln, so die Forscherin weiter. Das könnte helfen, frühzeitig Hilfen anzubieten, um die Entwicklung von psychiatrischen Störungen zu vermeiden.

Stress lass nach

In zahlreichen Forschungsprojekten wird nach neuen Therapieansätzen für psychiatrische Störungen gesucht. Im Fokus der Untersuchungen steht dabei jenes Stresshormon-System, das unsere Anpassung an Stresssituationen koordiniert, die sogenannte Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse (HPA-Achse). Eine wichtige Schaltstelle in diesem System ist der Glukokortikoid- Rezeptor. Er kommt in nahezu allen Zellen vor und reguliert dort die Genexpression. Aber erst wenn das Stresshormon Cortisol an den Rezeptor bindet, kann dieser an die entsprechenden Kontrollstellen auf der DNA binden (Abb. C) und so die Transkription und damit die Biosynthese vieler verschiedener Proteine anstoßen, die für die Stressreaktion wichtig sind.

Grafik: Darstellung der DNA und des Glucocorticoid-Rezeptors

Abb. C: Schaltstelle für Stress. Glucocorticoid-Rezeptor (DNA-Bindungsdomäne), gebunden an einen DNA-Doppelstrang.
© molekuul.be / Adobe Stock

Die Empfindlichkeit des Glukokortikoid-Rezeptors gegenüber Cortisol wird durch eine Reihe von Molekülen, sogenannte Chaperone und Co-Chaperone moduliert. Chaperone beeinflussen die Aktivität anderer Proteine, indem sie diese bei der Faltung in ihre dreidimensionale Struktur unterstützen. Sie sind in verschiedenen Zelltypen und bei verschiedenen Proteinen aktiv. Das Chaperon mit dem Kürzel FKBP51 ist von besonderem Interesse, denn es setzt die Cortisol-Bindefähigkeit des Glukokortikoid-Rezeptors herab. Auf diese Weise sorgt es dafür, dass die Stressreaktion des Körpers wieder heruntergefahren wird, wenn der äußere Stress nachlässt, eine bedrohliche Situation beispielsweise vorüber ist. Das ist ein ganz natürlicher und wichtiger Mechanismus. Genomanalysen bei Menschen mit Stress-bedingten psychiatrischen Erkrankungen, wie der posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) und Depressionen, haben gezeigt, dass bei manchen von ihnen Veränderungen an genau jenem Gen vorliegen, das für das Chaperon FKBP51 kodiert. Möglicherweise wird FKBP51 deshalb vermehrt synthetisiert und dämpft den Glukokortikoid-Rezeptor dauerhaft. Das könnte, so die Annahme, bei depressiven Menschen zu Antriebslosigkeit und Niedergeschlagenheit führen. Auch Veränderungen der Interaktionen des Chaperons mit anderen für Nervenzellen wichtigen Proteinen könnten eine Erklärung dafür sein, warum manche Menschen mehr oder weniger stressresistent sind.

Chaperone sind ein hochinteressanter, potenzieller Angriffspunkt (engl. target) für neue Medikamente und damit verbunden die Therapie depressiver Menschen. Derzeit werden erste Chaperon-Antagonisten entwickelt, die die Aktivität der Chaperone oder deren Biosynthese hemmen. Die Herausforderung dabei: Es gibt viele  verschiedene Chaperone, die in ganz verschiedenen Zellen und  Geweben aktiv sind und die ganz unterschiedliche Stoffwechselreaktionen steuern. Das bedeutet, dass Chaperon-Antagonisten im  Körper sehr gezielt in die für die Stressreaktion zuständigen Zellen  eingeschleust werden müssten. Wie sich eine solche gezielte Form des „drug delivery“ technisch umsetzen ließe, ist noch Gegenstand der Forschung.

Kann Stressresistenz erlernt werden?

Aber es sind nicht immer die Gene, die dazu führen, dass manche Menschen nach einem traumatischen Erlebnis eine Depression entwickeln, während andere Menschen mit gleicher Erfahrung nicht erkranken. Tatsächlich spielen auch epigenetische Prozesse eine zentrale Rolle: Sie verändern beispielsweise das Muster der  Methylgruppen an der DNA und damit die Aktivierbarkeit bestimmter Gene in bestimmten Zellen oder Organen (s. Biomax 23). So prägt die  Epigenetik auch unser Stresssystem. Frühkindlicher Stress beispielsweise kann sich langfristig auf die psychische Gesundheit auswirken und das Risiko für die Entwicklung von Angststörungen und einer posttraumatischen Belastungsstörung erhöhen.

„Stress und Trauma in der Kindheit sind ein maßgeblicher Risikofaktor“, betont Elisabeth Binder. So gehen belastende Kindheitserfahrungen mit einem doppelt so hohen Risiko für depressive Störungen und einem 2,7-fach erhöhten Risiko für Angststörungen im Erwachsenenalter einher. Aber: „Ganz ohne Stress kann auch keine Resistenz aufgebaut werden“, betont die Medizinerin. Tatsächlich legt die Stressforschung der vergangenen Jahre nahe, dass Stressresistenz in der frühkindlichen Entwicklung erlernt wird. Durch seine Experimente an Mäusen hat Mathias V. Schmidt herausgefunden, dass es offenbar wichtig ist, in der Kindheit moderaten Stress zu erfahren. „Stresserfahrung ist essenziell, damit die Mäuse „lernen“, mit Stress umzugehen“, sagt Schmidt. Das sei höchstwahrscheinlich auch beim Menschen so. „Wer zum Beispiel überbehütet aufwächst, kann später den Stress, den Konflikte zwangsläufig mit sich bringen, schlechter bewältigen“, so der Forscher.

Dieses „Stress-Lernen“ findet sehr wahrscheinlich ebenfalls zu einem Teil auf der epigenetischen Ebene statt. „Wir gehen heute davon aus, dass das Erlernen von Stress in der frühkindlichen Entwicklung durch die Methylierung gesteuert wird“, sagt der Max-Planck-Forscher.  Epigenetische Veränderungen fänden auch an den Histonen statt,  jenen Proteinen, um die der DNA-Strang im Zellkern gewickelt ist.  Durch Acetylierung der Histone kann die Wicklung verfestigt oder gelockert werden. Auch das beeinflusst, ob bestimmte Gene aktiviert oder unterdrückt werden. Mittlerweile gibt es konkrete Hinweise darauf, dass zahlreiche epigenetische Veränderungen einen Einfluss darauf haben, wie verschiedene Menschen auf Stress reagieren.

Um die Entwicklung psychiatrischer Erkrankungen zu verstehen, müssen somit neben den genetischen Analysen auch die epigenetischen Kodierungen identifiziert werden. Damit tun sich viele neue Wege für Therapien auf. Stress und Depressionen mögen ein komplexes Phänomen sein, doch die jüngsten Erkenntnisse liefern auch viele Ansatzpunkte für neue Medikamente. Schmidt: „Diese Entwicklungen stimmen mich zuversichtlich, dass wir in den nächsten Jahren große Fortschritte beim Verständnis des Stresses und bei der Entwicklung neuer Wirkstoffe gegen Depressionen und andere psychische Erkrankungen machen werden.“

Schau mir in die Augen – Pupillometrie als Diagnoseergänzung

Computerbildschirm mit Programmoberfläche zur Pupillometrie.

© MPI für Psychiatrie

Antriebslosigkeit ist eines der meist beobachteten Symptome der Depression. Ein Forscherteam des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie hat herausgefunden, dass die geringere Pupillenreaktion bei Patienten und Patientinnen einen entsprechenden Hinweis darauf liefert. Bei gesunden Menschen erweitern sich die Pupillen bei der Erwartung auf eine Belohnung, wohingegen diese Reaktion bei Personen mit Depressionen weniger aus geprägt ist. Die Pupillenreaktion ist unter anderem ein Marker für die Aktivität im Locus Coeruleus, einer Gehirnstruktur mit der größten Ansammlung noradrenerger Neuronen im zentralen Nervensystem. Sie könnte als ergänzende Methode zur Diagnosestellung eingesetzt werden. Wenn beispielsweise ein Patient starke Beeinträchtigungen in der Pupillenreaktion zeigt, könnten Antidepressiva, die auf das noradrenerge System wirken, effektiver als andere Medikamente sein.

Abbildungshinweise:
Titelbild: © HNBM
Abb. A: © Quelle Zahlen: Techniker Krankenkasse (TK-Stressstudie, 2021); Grafik: HNBM
Abb. B: © Quelle: Lancet 2021; 398: 1700–12, Fig. 1 (Auszug); https://doi.org/ 10.1016/S0140-6736(21)02143-7 / CC BY 4.0
Abb. C: © molekuul.be / Adobe Stock
Abb. im Kasten: © MPI für Psychiatrie

Der Text wird unter CC BY-NC-SA 4.0 veröffentlicht.

BIOMAX Ausgabe 40, April 2025; Text: Christina Beck, Tim Schröder; Redaktion: Tanja Fendt

Die Verschränkung macht das E91-Übertragungsprotokoll noch sicherer. Nachteil: Ihre besondere Empfindlichkeit gegen Störungen erhöht den technischen Aufwand.

© R . Wengenmayr / CC BY-NC-SA 4.0

Das BB84-Protokoll nutzt die Nichtkopierbarkeit von Quanteninformation.

© R . Wengenmayr / CC BY-NC-SA 4.0

Oben: Im ersten Schritt schickt Alice ihren Schlüssel an Bob durch den sicheren Quantenkanal. Unten: Danach können beide ihre damit verschlüsselten Botschaften im öffentlichen, unsicheren Kanal sicher austauschen.

© R . Wengenmayr / CC BY-NC-SA 4.0

Symbolbild: Schloss mit Zahlen im Hintergrund, in Blau und Magenta

© FREEPIK / stwul

Geheime Nachrichten so zu verschlüsseln, dass nur der Empfänger sie lesen kann: Das ist heute wichtiger denn je. Die Quantenphysik bietet einzigartige Möglichkeiten für einen Austausch von Geheimschlüsseln über größere Distanzen. Auf dem Gebiet dieses Quantenschlüssel-Austauschs, auch Quantenkryptographie genannt, forschen mehrere Max-Planck-Teams. Dabei geht es um das Senden von Geheimschlüsseln durch Glasfasern und via Satellit.

Das wissenschaftliche Wort „Kryptographie“ basiert auf dem Altgriechischen und heißt so viel wie „geheimes Schreiben“. Heute werden selbst im privaten Chat über soziale Netzwerke starke Verschlüsselungen verwendet. Sie sind nur mit so hohem Rechenaufwand zu brechen, dass das auf heutigen Computern nicht möglich ist. Allerdings: Dass eine Verschlüsselung absolut knacksicher ist, lässt sich selbst für die besten Verfahren mathematisch nicht beweisen. Man setzt darauf, dass selbst die leistungsfähigsten Supercomputer zu lange rechnen müssen, um den Code zeitnah brechen zu können. Dieser Strategie droht jedoch eine neue Gefahr, die aus der Quantenwelt kommt: Sobald Quantencomputer praktisch einsetzbar sein werden, ist kein heute etablierter Code mehr sicher gegen schnelles Entschlüsseln.

Selbst stärkere Codes, die derzeit entwickelt werden, sind nicht beweisbar sicher gegen künftige Quantencomputer-Angriffe. Doch die Quantenwelt bietet ein wirksames Gegenmittel: den abhörsicheren Austausch von sogenannten Quantenschlüsseln. Tatsächlich gibt es schon seit einigen Jahren kommerzielle Anbieter. Allerdings sind diese abhörsicheren Verbindungen bislang nur über relativ kurze Glasfaserverbindungen praktikabel – trotz Rekordmeldungen von hunderten von Kilometern. Diese Technologie erfordert also noch viel Grundlagenforschung.

Giulio Malavolta arbeitet am Max-Planck-Institut für Sicherheit und Privatsphäre unter anderem an Protokollen für eine sichere Nachrichtenübermittlung in Quantennetzwerken. „Quanteninformation ist nicht kopierbar“, sagt er. Das unterscheidet sie grundlegend von klassischer Information: Im Alltag kopieren wir andauernd klassische Bits von einem Gerät auf ein anderes, zum Beispiel wenn wir Videos streamen. In der Wissenschaft heißt diese spezielle Eigenschaft der Quanteninformation „No-Cloning-Theorem“ – Klonen bedeutet Kopieren. Wenn also eine Alice (für „A“) einem Bob (für „B“) einen quantenverschlüsselten „Brief“ schickt, kann Bob beim Empfang erkennen, ob jemand spioniert hat. Fängt eine Eve, genannt nach Eavesdropper für Lauscher, den Brief unterwegs ab und versucht, ihn zu kopieren, dann hinterlässt sie eine Spur in der Quanteninformationspost. Das liegt daran, dass sie eine Messung durchführen muss und dabei die Sendung stört. Bob würde nur Unsinn zu lesen bekommen, ein Warnsignal.

Abhörsichere Photonenpost

Natürlich werden in der Quantenkryptographie keine Papierbriefe verschickt, sondern Lichtquanten – Photonen – mittels Laserlicht. Die abhörsichere Quantenverbindung dient auch allein dem Austausch eines Quantenschlüssels zwischen Alice und Bob. Damit verschlüsseln sie dann ihre eigentliche Botschaft. Diese können sie nun unbesorgt durch das ganz normale öffentliche Netz schicken, denn das geht viel schneller als im Quantenkanal (Abb. A). Alle können mitlauschen, aber niemand kann die Botschaft knacken. Wirklich niemand? Tatsächlich lässt sich für einen Quantenschlüssel genau ausrechnen, wie knacksicher er ist. Das unterscheidet die Quantenkryptografie grundlegend von der klassischen Kryptografie. Einfach gesagt: Je länger der Quantenschlüssel ist, desto kleiner ist das Risiko einer Entschlüsselung. Die Schrumpfung dieses Restrisikos auf fast Null ist technisch kein Problem.

Die Grafik zeigt die Quantenschlüssel-Verteilung, erklärt mit zwei Figuren (Alice und Bob), und Symbolen für den Quantenschlüssel und den verschlüsselten Text sowie den Klartext.

Abb. A: Quantenschlüssel-Verteilung. Oben: Im ersten Schritt schickt Alice ihren Schlüssel an Bob durch den sicheren Quantenkanal. Unten: Danach können beide ihre damit verschlüsselten Botschaften im öffentlichen, unsicheren Kanal sicher austauschen.
© R . Wengenmayr / CC BY-NC-SA 4.0

Das einfachste quantenkryptographische Verfahren setzt auf die Nichtkopierbarkeit von Quanteninformation. Die Idee hatten der US-amerikanische Physiker Charles Bennet und sein frankokanadischer Kollege Gilles Brassard bereits 1984, weshalb dieses Protokoll kurz „BB84“ genannt wird. Es funktioniert im Prinzip wie das Briefbeispiel. Die Quanteninformation des Schlüssels wird dabei in einen langen Zug aus Photonen hineingeschrieben. Jedes Photon entspricht einem Quantenbit, das sich unterwegs in einer Eve unbekannten Überlagerung der beiden Bit-Zustände 0 und 1 befindet. Hineingeschrieben wird die Quanteninformation über eine geeignete Messung – und so auch gelesen.

Stille Post bei Alice und Bob zuhause

Stellen wir uns wieder Alice und Bob vor (s. Techmax 36). Ihre Mutter, Physikerin, hat im langen Flur eine kleine Laseranlage mit Sender und Empfänger aufgebaut. Die Quanteninformation schreibt der Sender hier in die sogenannte Polarisation der Photonen hinein. Da Photonen als Quantenteilchen auch Welleneigenschaften haben, entspricht die Polarisation der Schwingungsrichtung der Welle. „Ihr könnt sie euch als fliegende Zeiger vorstellen“, erklärt die Mutter den Geschwistern: „Sie zeigen senkrecht zur Flugbahn und dürfen nach den Quantenregeln nur in zwei verschiedene Richtungen einrasten“. Definiert man eine der beiden Richtungen willkürlich als 1, dann ist die andere die 0.

Die Mutter drückt nun Alice und Bob jeweils ein Tablet in die Hand. Alices Tablet ist mit dem sendenden Laser verbunden, Bobs mit dem Empfänger mit einem sehr empfindlichen Lichtsensor. Das Laserlicht wird im Sender so abgeschwächt, dass nur noch einzelne Photonen die Strahlstrecke entlangflitzen können – wie ein Wasserstrahl zu einzelnen Tropfen wird, wenn der Hahn fast zugedreht ist. Nach dem Laser müssen sie einen sogenannten Polarisator passieren. Er ist über das Tablet in zwei zueinander senkrechten Richtungen drehbar und prägt so dem Qubit einen Zustand 0 oder 1 auf. Außerdem kann Alice den Polarisator um 45° drehen. Auch in dieser verdrehten „Messbasis“ kann sie 0 oder 1 anwählen.

Den Polarisator kann man sich einfach als quadratische Scheibe mit einem Schlitz vorstellen (Abb. B links). Die Drehposition kann Alice über eine kleine App wechseln. „Den Schlüssel erzeugst du, indem du zwischen den beiden Polarisatorpositionen wechselst und dir die gewählte Messbasis notierst“, erklärt ihr die Mutter: „Dann drückst du auf den Senden-Button, und ein Photon mit der aufgeprägten Information fliegt zu Bob.“ In Bobs Empfänger ist ein um 45° drehbares Teil eingebaut, das wie zwei um 90° gekreuzte Polarisatoren wirkt. Diesen „Analysator“ muss das empfangene Photon passieren, bevor es auf einem hochempfindlichen Fotodetektor auftrifft. Wir können ihn uns als Quadrat mit einem Kreuzschlitz vorstellen (Abb. B rechts). Er kann in der gewählten Messbasis die Bits 0 und 1 unterscheiden. Bob kennt die von Alice gewählten Einstellungen nicht. Also muss er über seine App eine der beiden Messbasen willkürlich voreinstellen und das Empfangsergebnis notieren. „Nun kommt der Clou“, erklärt die Mutter: „Immer wenn ihr zufällig die gleiche Messbasis gewählt habt, hat Bob eine korrekte Quanteninformation empfangen.“ Ist Bobs Messbasis gegenüber der von Alice um 45° verdreht, dann ist die Quanteninformation zerstört. Der Detektor meldet zwar dann eine zufällig gemessene 0 oder 1, aber das ist keine von  Alice gesendete Information. „Genau das bringt die Quantensicherheit in diese Übertragungsstrecke“, erklärt die Mutter. Aber wie erhält Bob nun den richtigen Schlüssel?

Die Grafik zeigt schematisch mit Symbolen und drei Figuren, wie das BB84-Protokoll funktioniert.

Abb. B: Das BB84-Protokoll nutzt die Nichtkopierbarkeit von Quanteninformation.
© R . Wengenmayr / CC BY-NC-SA 4.0

Dazu müssen Alice und Bob nur die Listen mit ihren Messbasis-Einstellungen austauschen, etwa über ihre Smartphones. Sie vergleichen die beiden Listen und behalten nur die Bits 0 oder 1 bei gleicher Einstellung. Ist kein Photon verlorengegangen, dann erhalten Alice und Bob exakt gleiche Listen mit Nullen und Einsen. Das ist der von Alice gesendete Schlüssel, mit dem sie nun ihre Botschaften für den öffentlichen, klassischen Kanal verschlüsseln können. Natürlich kann eine Lauscherin Eve die beiden im öffentlichen Kanal belauschen und die Liste der Messeinstellungen korrekt kopieren. Doch ihr fehlt die entscheidende Information, ob Alice bei einer bestimmten Messeinstellung nun eine 0 oder 1 verschickt hat. Sie kommt also so nicht an den Schlüssel heran. Was passiert, wenn sie sich in den Quantenkanal einschaltet?

Die Mutter macht das nun in der Rolle der Eve. Sie schiebt in die Mitte der Übertragungsstrecke ein Gerät, das einen Empfänger mit Analysator und einen Sender mit Polarisator vereint. Damit kann sie Alices Photon abfangen, analysieren und dann ein Photon mit der von Eve gemessenen Information an Bob weiterschicken. Auch bei diesem Experiment notiert Alice, welche Information sie empfangen hat. Nun vergleichen die Geschwister wieder ihre Listen und verwenden die gleich gewählten Messbasen für den Schlüssel. Bei diesem Vergleich erkennen sie viele Fehler. Das liegt daran, dass Eve die von Alice versendete Information ohne Listenaustausch nicht kennen konnte. Also hat sie Falschinformation an Bob weitergesendet.

Doppelt sicher mit Verschränkung

Diese Art des Quantenschlüssel-Austausch nach dem BB84-Protokoll heißt auf Englisch auch „Prepare and Measure“, also „Präpariere und Messe“. Eine noch viel merkwürdigere Eigenschaft der Quantenphysik kann die Sicherheit noch steigern: die Verschränkung (s. Techmax 36). Hier verschickt der Sender gleich zwei Photonen, eines an Alice und eines an Bob. Die beiden Photonen werden aber nun miteinander verschränkt (Abb. C). Sie bilden damit eine Art gemeinsames Quantenobjekt, enthalten aber noch keine Information über den Schlüssel. Alice kann nun durch eine Messung an ihrem Photon zum Beispiel eine 0 erzeugen. Diese Messung legt dann beim verschränkten Photon, das Bob erreicht, sofort eine 1 fest. Hat er seinen Analysator zufällig auf die korrekte Messbasis eingestellt, misst er diese 1 korrekt. Der Vorteil: Sobald sich Eve in die Übertragungsstrecke einschaltet, zerstört sie mit ihrer Messung die Verschränkung und damit die Schlüsselübertragung zu Bob.

Diese Idee hatte der polnisch-britische Physiker Artur Ekert 1991. Viele Experimente zeigten inzwischen, dass das E91-Protokoll funktioniert. Will man allerdings das vorhandene Glasfasernetz nutzen, dann gehen mit wachsender Übertragungsstrecke immer mehr Photonen verloren. Das begrenzt eine praktikable Übertragungsstrecke auf eine Größenordnung von 100 Kilometern. „Grob kann man sagen, dass alle zehn Kilometer nur noch die Hälfte der Photonen da ist“, erklärt Gerhard Rempe, Direktor am Max-Planck-Institut für Quantenoptik. Er forscht an Lösungen für dieses Grundproblem eines glasfaserbasierten Quanteninternets. Nach jeder Streckenverdopplung ist also nur noch die Hälfte der Photonen in der Quantenpost vorhanden: Der Verlust ist exponentiell!

Die Grafik zeigt schematisch und mit Symbolen, wie das E91-Übertragunsprotokoll funktioniert.

Abb. C: Das E91-Übertragungsprotokoll. Die Verschränkung macht das E91-Übertragungsprotokoll noch sicherer. Nachteil: Ihre besondere Empfindlichkeit gegen Störungen erhöht den technischen Aufwand.
© R . Wengenmayr / CC BY-NC-SA 4.0

Robustere Glasfaserübertragung

Also suchte das Team von Rempe nach einem Gegenmittel. Die Lösung: Es verteilte die Verschränkung und damit das zu übertragende Qubit auf einen Schwarm von Photonen, die hintereinander aus dem Sender in die Glasfaser fliegen. „Wenn maximal die Hälfte der Photonen weg ist, lässt sich nach dem Empfang noch die Verschränkung und damit das Quantenbit rekonstruieren“, erklärt der Physiker. Die Verpackung der verschränkten Quanteninformation erfordert allerdings abstrakte Mathematik.

Rempes Team nutzt dafür sogenannte Graph-Zustände. Man kann sie sich wie einen Weihnachtsdeko-Bausatz aus LED-Lichtern vorstellen, die sich mit kurzen Kabeln zu verschiedenen Figuren zusammenstecken lassen: Ketten, Leitern, Ringe oder baumartige Verzweigungen. Die LED-Lichter symbolisieren die Photonen, die Kabel die Verschränkung zwischen ihnen. Das spielt sich allerdings in einem abstrakten mathematischen Raum ab. In der Realität bleibt die Reihenanordnung der hintereinander fliegenden Photonen unverändert. Wenn man diese Graph-Zustände geschickt einsetzt, dann verteilen sie die Verschränkung über diesen Photonenschwarm so, dass sogar nur noch die Hälfte von ihnen die Quantenpost lesbar ins Ziel bringen kann. Damit sollte sich die Übertragungsstrecke trotz Verlusten deutlich verlängern lassen. Rempes Team erforscht, wie das gelingen kann.

Quantenfunk übers Weltall

Wie wäre es, wenn man vom exponentiellen Verlust an Photonen wegkäme? Genau das ist bei der Satellitenübertragung im Prinzip möglich, an der Christoph Marquardt am Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts forscht. Ein Beispiel ist die europäische Demonstrationssonde EAGLE-1, die schon eine Vorstufe zu einem kommerziellen Quantensatelliten darstellt. Sie soll 2026 in die Umlaufbahn geschossen werden. Marquardts Team hat in vielen Jahren das Übertragungsprotokoll und zusammen mit Partnern den „Transmitter“ und Empfänger entwickelt. Der Transmitter „Alice“ befindet sich an Bord: Er erzeugt den Quantenschlüssel und sendet ihn nach dem Prepare-and-Measure-Prinzip, also im Prinzip BB84, zu zwei Bobs zur Erde. Diese können damit dann sicher über einen öffentlichen Kanal kommunizieren.

Ein Laserstrahl ohne Welleneigenschaften würde sich nun vom Satelliten gleichbleibend dünn bis zur Atmosphäre ausbreiten und sich erst dort durch Turbulenzen aufweiten. Allerdings verhindert das die Wellennatur des Lichts. Wellen laufen auch um Kanten herum, sie werden „gebeugt“ (s. Techmax 15). Daher weitet die Austrittsoptik im Transmitter den Laserstrahl etwas auf. Wie auf der Oberfläche eines kugelförmigen Ballons, der aufgeblasen wird, wächst die Querschnittsfläche des Strahls mit der Entfernung. Sie tut das quadratisch. Unter realistischen Bedingungen müsste das Empfangsteleskop am Boden einen Durchmesser von mehr als 10 Metern besitzen. So große Teleskope wären aber zu teuer, eine typische Empfangsschüssel ist so klein wie eine große TV-Satellitenschüssel. Diese ist auf die sogenannte Telekom-Wellenlänge von 1500 Nanometern ausgelegt, also Infrarotlicht. Dieselbe Wellenlänge wird auch bei EAGLE-1 verwendet, weil es dafür bewährte Technik gibt. „Quadratisch ist aber viel besser als exponentiell“, sagt Marquardt zu dem Verlust. Bei der Satellitenkommunikation ist diese geometrische Strahlaufweitung entscheidend. Verloren gehen Photonen nur auf den letzten Kilometern in der dünnen Atmosphäre. Das macht einen vergleichsweise kleinen Verlustanteil aus. Hinzu kommt der Verlust dadurch, dass die Satellitenschüssel nur einen Ausschnitt des Strahls erfasst. Dafür war Marquardts Team mit anderen Herausforderungen konfrontiert. Zum einen ist die Überflugzeit des Satelliten auf einige Minuten beschränkt. EAGLE-1 soll in einer niedrigen Höhe von rund 500 Kilometern die Erde umkreisen.

Test für den Quantensatelliten

Die andere Herausforderung ist der Doppler-Effekt. Seine akustische Variante kennen wir: Wenn ein Polizeiwagen auf uns zufährt, ist der Sirenenton höher als wenn er sich entfernt. Das liegt daran, dass die Schwingungen der Schallwellen erst gestaucht, dann auseinandergezogen werden. Das passiert auch beim Licht durch die Bewegung des Satelliten. Je nach Bewegung zwischen Alice und Bob wird damit der Zug der eintreffenden Photonen ebenfalls gestaucht oder verlängert, zudem ändert sich ihre Frequenz. Für die korrekte Schlüsselübertragung müssen ihre Messungen an den Photonen aber genau synchronisiert sein. Verstolpert sich einer der Empfänger, dann erhält er einen falschen Schlüssel.

Zu EAGLE-1 sagt Marquardt: „Wichtig ist, dass wir diese Technologie jetzt ausprobieren.“ So können Testempfänger in Europa, sei es im verregneten Irland oder dem hitzeflimmernden Griechenland, die Empfangsqualität in der Praxis testen. Die dabei auftretenden Fehler liefern nützliche Informationen für Verbesserungen. Wenn das Demonstrationsprojekt funktioniert, will Europa kommerzielle Satelliten für eine sichere Quantenschlüssel-Verteilung ins All bringen.

 

Abbildungshinweise:
Titelbild:  © FREEPIK / stwul
Abb. A: © R. Wengenmayr / CC BY-NC-SA 4.0
Abb. B: © R. Wengenmayr / CC BY-NC-SA 4.0
Abb. C: © R. Wengenmayr / CC BY-NC-SA 4.0

Der Text wird unter CC BY-NC-SA 4.0 veröffentlicht.

TECHMAX Ausgabe 37, April 2025; Text: Roland Wengenmayr; Redaktion: Dr. Tanja Fendt

Eine Metaanalyse zeigt positive Effekte von sozialen Medien auf politisches Wissen und insbesondere die politische Partizipation. Gefahren für die Demokratie entstehen durch sinkendes Vertrauen in demokratische Institutionen, Populismus und politische Polarisierung.

© Quelle: Lorenz-Spreen, P., Oswald, L., Lewandowsky, S. et al. A systematic review of worldwide causal and correlational evidence on digital media and democracy. Nat Hum Behav 7, 74–101 (2023). https://doi.org/10.1038/s41562-022-01460-1; Grafik: HNBM // CC BY 4.0

Die Sammlung enthält Aufgaben zu folgenden Themen:

Keeling-Kurve / Das weltweite CO2-Budget / Umwandlung von Kohlenstoffsenken in -quellen / Einfluss von El Niño / Schutz von Kohlenstoffsenken

Unterrichtsmaterial zum Geomax 30

linker Button: Aufgabensammlung; rechter Button: Anlage (Arbeitsblatt zur Aufgabe 4)