
Neugierig auf Wissenschaft
An den Küsten Südamerikas und den Falklandinseln lebt die Blutschnabelmöwe Larus scoresbii. Die Tiere sind Koloniebrüter, die in Nachbarschaft zu Seelöwen oder anderen Seevögeln, wie etwa Pinguinen und Kormoranen nisten. Ihr Nest errichtet die Blutschnabelmöwe geschützt zwischen Felsbrocken oder Grasbüscheln. Das Gelege zählt ein bis drei Eier, aus denen nach knapp vier Wochen die Küken schlüpfen. Blutschnabelmöwen ernähren sich nicht auf dem Meer, sondern an den Küsten, unter anderem von Seelöwenkot, dem Regurgitat von Kormoranen, marinen Wirbellosen, Muscheln und Insekten. Während ihrer Nahrungssuche durchforsten sie regelmäßig auch an den Strand gespülte Algen.
Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Ornithologie um Petra Quillfeldt befassen sich mit den Ernährungsstrategien dieser Vögel. Sie untersuchen, ob sich die einzelnen Individuen auf ganz bestimmte Nahrungsquellen spezialisieren. Um die Tiere über einen längeren Zeitraum verfolgen zu können, werden sie mit einem kleinen Datenlogger versehen, der für die kommenden Tage ihre Position per GPS erfasst sowie Beschleunigungsdaten für Verhaltensanalysen speichert. Zur Unterscheidung der Nahrungsquellen werden stabile Isotope eingesetzt. Zum Einfangen der Vögel stellen die Forscher eine Drahtkorbfalle auf das Nest. Die Möwe sieht zu, und wird – sobald sich die Forscherin entfernt – versuchen, ihr Nest wieder zu besetzen. Am Hals der Forscherin baumelt das Lesegerät für die Daten, die per Radiolink ausgelesen werden.
© Juan F. Masello, New Island, Falkland-Inseln

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Er ist ein Hirn der Superlative und trägt das auch ein wenig protzig im Namen: SuperMuc. „Muc“ bedeutet München, was nicht ganz korrekt ist, steht der mehr als 100 Tonnen schwere Computer doch vor den Toren der bayerischen Landeshauptstadt – in einer 500 Quadratmeter großen Halle des Leibniz-Rechenzentrums auf dem Campus in Garching. Und das ist immerhin eine eigene (Forscher-)Gemeinde. SuperMuc leistet drei Petaflops, also drei Billiarden Rechenoperationen pro Sekunde. Wollten wir Menschen es mit ihm aufnehmen, müssten alle drei Milliarden Erwachsenen auf der Erde innerhalb eines Augenblicks gleichzeitig eine Million Rechenoperationen ausführen.
Klar, dass die Mitte Juli eingeweihte Anlage damit in der Champions League der Computer mitspielt und weltweit auf Platz vier steht. Und logisch, dass SuperMuc bei Wissenschaftlern begehrt ist. Bei Stefanie Walch etwa. Die Forscherin am Max-Planck-Institut für Astrophysik interessiert sich für kosmische Kreißsäle – Molekülwolken, in denen neue Sterne geboren werden. Darunter sind auch so manche Schwergewichte, welche die Wolke aufheizen, das Gas auseinanderblasen und auf diese Weise die weitere Geburtenrate drastisch senken.
Mit kühlem Kopf hat Stefanie Walch ihre Algorithmen für diese bisher größte Simulation des Lebenszyklus einer Molekülwolke geschrieben. Dem Computer allerdings wird es beim Durchrechnen solch martialischer Naturereignisse ganz schön heiß. Damit er nicht überhitzt, fließt zur Kühlung rund 40 Grad warmes Wasser durch seine Eingeweide. Menschen hätten da schon Fieber, aber SuperMuc verträgt locker 70 oder 80 Grad. Ein Hirn der Superlative eben.
© Axel Griesch

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Weiße Kappen oben und unten – zu unserem Bild des Blauen Planeten gehören sie ganz selbstverständlich dazu. Doch wie lange noch? Zumindest für den Nordpol, dessen Bedeckung vollständig aus Meereis besteht, muss man diese Frage stellen. Denn nirgendwo auf der Erde ist der Klimawandel so sichtbar wie in der Arktis. Noch nie, seit es verlässliche Aufzeichnungen gibt, war das Septemberminimum – die Ausdehnung des arktischen Meereises am Ende des Sommers – so gering wie im Jahr 2012. Das Eis der Arktis ist aber nicht nur ein Indikator für Klimaänderungen, sondern auch ein bedeutender Faktor im Klimasystem: Je kleiner die Eisflächen im arktischen Sommer werden, desto weniger Sonneneinstrahlung wird reflektiert, und desto mehr wird vom eisfreien Ozean absorbiert. Im Winter isoliert Eis das verhältnismäßig warme Wasser von der sehr viel kälteren Luft; ohne diesen „Deckel“ gäbe der Ozean gigantische Mengen an Wärme an die Atmosphäre ab. Die Eisbedeckung ist somit für die Temperaturen am Nordpol von größter Bedeutung.
Die Rolle des Meereises, seine komplexe innere Struktur und damit die Bedingungen für seine Bildung und Beständigkeit möchte Dirk Notz am Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg aufklären. Unter anderem messen er und sein Team dazu auf den Eisschollen die Dicke des Eises sowie seine Zusammensetzung aus Süßwassereis, Salzsole und Gaseinschlüssen. Alle Daten fließen in komplexe numerische Simulationen ein. Wichtigste Erkenntnis bisher: Anders als befürchtet, scheint es im Klimasystem keinen Kipp-Punkt zu geben, ab dem der totale Verlust der arktischen Eiskappe nicht mehr zu verhindern ist. Nach den Modellrechnungen ist der Zustand des Meereises jederzeit eng an die vorherrschenden Klimabedingungen gebunden. Das bedeutet aber auch: Steigen die Treibhausgas-Emissionen weiter so wie bisher, wird die Arktis spätestens zum Ende des Jahrhunderts im September komplett eisfrei sein.
© Torsten Heller/AF Expeditionen

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Die Evolution des Menschen zu rekonstruieren gleicht einem Detektivspiel: Nur wenige Fossilien stehen den Forschern zur Verfügung, und diese sind meist auch noch unvollständig. Moderne bildgebende Verfahren ermöglichen es heute jedoch, die seltenen und wertvollen Fundstücke bestmöglich zu untersuchen und gleichzeitig zu schonen.
Wissenschaftler am Leipziger Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie durchleuchten dazu das Original zunächst in einem Computertomografen (CT), wie er auch in der Medizin verwendet wird. Anschließend visualisieren sie die Daten im Virtual Reality Labor. Dort können sie die Einzelteile eines Fundes am Rechner wie ein Puzzle zusammensetzen und fehlende Teile ergänzen. Mithilfe eines 3D-Druckers erstellen sie dann ein maßstabsgetreues Replikat in Originalgröße. Das braucht seine Zeit: Für das 3D-Abbild eines menschlichen Schädels braucht der Drucker ganze 33 Stunden. Der unförmige Klotz, der das Gerät verlässt, hat mit dem Original zunächst noch wenig zu tun. Erst wenn die Forscher das Replikat mit einem Hochdruckwasserstrahl aus der Form gelöst und gereinigt haben, wird der Schädel in allen Einzelheiten sichtbar. Anhand des naturgetreuen Replikats können sie das Fossil nun in allen Einzelheiten studieren und mit anderen Fundstücken vergleichen. Die 3D-Daten stehen Wissenschaftlern auf der ganzen Welt zur Verfügung.
Das Bild zeigt Dennis Reinhardt, ehemals IT-Betreuer der Abteilung für Humanevolution, mit einem menschlichen Schädel, der mit dem Computertomografen erfasst werden soll.
© MPI für evolutionäre Anthropologie - Ronny Barr und Dennis Reinhardt

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Galapagos – nicht nur für Biologen hat dieses Wort einen magischen Klang. Auf der fast 1000 Kilometer vor der Küste Ecuadors gelegenen Inselgruppe konnte sich eine einzigartige Tier- und Pflanzenwelt entwickeln. Als Charles Darwin 1835 auf das Archipel kam, waren es neben den Finken vor allem die an die ökologischen Bedingungen der jeweiligen Insel angepassten Unterarten der Riesenschildkröten, die ihn zu seinen Überlegungen zum Ursprung der Arten anregten. Doch schon damals waren mehrere Unterarten ausgestorben, denn ihre Fähigkeit, sehr lange ohne Futter und Wasser auszukommen, machte die Schildkröten zum perfekten Proviant für Seefahrer.
Heute leben noch zehn Unterarten auf sechs der Inseln. Bedroht sind sie vor allem durch eingeschleppte Arten wie Ratten und Ziegen und die Einengung ihres Lebensraums durch den Menschen. Die behäbigen, bis zu 300 Kilogramm schweren Tiere ernähren sich von Sträuchern, Laub und Gräsern – je nach der Art der Vegetation auf ihrer Heimatinsel. Manche Schildkröten unternehmen dabei weite Wanderungen zwischen dem Tiefland und den auch in der Trockenzeit üppig bewachsenen höheren Lagen der Vulkanhänge; andere halten sich das ganze Jahr über im zeitweise sehr trockenen Tiefland auf.
Um mehr über diese Wanderungen zu erfahren, befestigen Wissenschaftler um Stephen Blake vom Max-Planck-Institut für Ornithologie GPS-Logger und hochmoderne 3D-Beschleunigungsmesser an den Panzern einiger Schildkröten. So können sie die Tiere über längere Zeiträume genau verfolgen und ihre Beobachtungen mit Daten zu Klima und Vegetation abgleichen. Ein überraschendes Ergebnis: Vor allem ausgewachsene Männchen ziehen auf der Suche nach frischem, saftigem Futter bis zu zehn Kilometer weit. Doch die Forscher rätseln noch, warum die Riesenschildkröten, die viele Monate ohne Nahrung überbrücken können, die strapaziösen Wanderungen unternehmen.
© Max-Planck-Institut für Ornithologie, Teilinstitut Radolfzell/MaxCine

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3000 Physiker aus 38 Ländern haben sich eine Aufgabe gestellt, die eines Titanen würdig ist. Am Large Hadron Collider (LHC) des Cern erforschen sie im Atlas-Experiment die fundamentalen Bausteine der Materie und ihre Wechselwirkungen untereinander. Berühmt geworden ist das von dem britischen Physiker Peter Higgs und seinen Kollegen vorhergesagte Higgs-Boson. Im Standardmodell der Elementarteilchen erklärt das Higgs-Boson die grundlegende Frage, was der Materie ihre Masse verleiht. Dabei ist es, präzise ausgedrückt, nicht das Teilchen selbst, sondern ein Feld – auch Higgs-Mechanismus genannt – das die Masse erklärt.
Um das Higgs-Teilchen aufzuspüren und damit den Higgs-Mechanismus zu belegen, bedarf es einer gigantischen Apparatur. So hat der Beschleunigerring LHC, der die notwendige Energie für das massereiche Teilchen erzeugt, einen Umfang von 27 Kilometern. Und Atlas, eines von vier Experimenten am LHC, bringt es auf 45 Meter Länge und 25 Meter Höhe, sein Gewicht von 7000 Tonnen entspricht dem des Eiffelturms.
Doch der Aufwand hat sich bereits ausgezahlt: Im Juli 2012 haben Physiker am Cern das Higgs-Boson aufgespürt. Wissenschaftler werten den Fund als eine der bedeutsamsten Entdeckungen der letzten Jahrzehnte. Peter Higgs und seinem Kollegen François Englert bescherte er im Jahr 2013 den Nobelpreis.
Das Bild zeigt die Kappe des inneren Detektors von Atlas noch während des Aufbaus. Jetzt ist der Detektor nicht mehr zugänglich. Zudem führt die Röhre mit den Strahlen kollidierender Teilchen durch das Zentrum der kreisförmigen Anlage.
© CERN/Claudia Marcelloni; Max Brice

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Künstlich und doch so natürlich wie möglich ist die Umgebung, in der Forscher des Max-Planck- Instituts für Chemie untersuchen, welche Stoffe Pflanzen mit ihrer Umwelt austauschen. Nina Knothe, Mitarbeiterin des Mainzer Instituts, bereitet ein solches Experiment an der Forschungsstelle der Max- Planck-Gesellschaft in Manaus im brasilianischen Amazonas-Regenwald vor, indem sie die Lichtverhältnisse in einer mit luftdichter Folie bespannten Küvette prüft. Ohne künstliche Beleuchtung erhalten die Pflanzen, die später in dem Behälter platziert werden, nicht genügend Licht. Schläuche versorgen die Pflanze mit Umgebungsluft und führen die gasförmigen Stoffwechselprodukte des Testobjekts ab. Die zweite Küvette dient den Forschern als Referenz.
Mit ihrem Experiment lernen die Wissenschaftler mehr über den natürlichen Stoffkreislauf, weil die Luft im Amazonas-Regenwald so unbelastet ist wie nur noch an wenigen anderen Orten der Welt. Wenn sie den natürlichen Stoffkreislauf zwischen Geo-, Bio- und Atmosphäre kennen, können sie auch besser verstehen, wie der Mensch in dieses Zusammenspiel eingreift.
© Max-Planck-Institut für Chemie

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Seit nunmehr vier Jahrzehnten bestimmt eine weiße Schüssel das Bild der Landschaft um das Dorf Effelsberg in der Eifel. Am 12. Mai 1971 wurde dort das 100-Meter-Teleskop des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie eingeweiht. Seit damals beeindruckt die viele Jahre lang größte vollbewegliche Radioantenne der Welt mit ihren schieren Dimensionen. Aber auch in wissenschaftlicher Hinsicht hat das Präzisionsinstrument Beachtliches geleistet: Zwei Astronomengenerationen haben das Weltall im langwelligen Spektralbereich durchforstet und Tausende von Aufsätzen veröffentlicht. Berühmt wurde die Antenne in den 1970er-Jahren durch die 408-Megahertz-Durchmusterung des Radiohimmels. Außerdem fanden die Forscher bisher neue Moleküle und Spektrallinien im interstellaren Raum, entdeckten in elf Milliarden Lichtjahren Distanz das am weitesten entfernte Wasser und bewiesen zum ersten Mal die Existenz riesiger geordneter Magnetfeldstrukturen in anderen Galaxien oder den relativistischen Effekt der geodätischen Präzession außerhalb des Sonnensystems und in starken Gravitationsfeldern. Trotz seines Alters gehört das Teleskop keineswegs zum alten Eisen: Dank guter Pflege, regelmäßiger Modernisierungen und gewaltiger Fortschritte in der Digitalelektronik ist es heute besser als jemals zuvor.
© Norbert Tacken